„Warum denn Psychotherapie? – Ich bin doch nicht verrückt!“

So oder so ähnlich sprechen oder denken viele Menschen. Psychotherapie hat bei uns hier keinen all zu guten Ruf. Am besten, es erfährt niemand, weder Freunde, noch Nachbarn, dass man eine macht.

Schwächen und Unzulänglichkeiten zu haben, ist heutzutage nicht chic. Deshalb verstecken sich viele Menschen hinter ihren Schwierigkeiten und mögen sich selbst kaum leiden, wenn sie welche haben.

Nachfolgend möchte ich 7 Punkte vorstellen, warum meiner Meinung nach „Psychotherapie ganz natürlich in unseren Alltag“ gehört. Sie können auch als Grundhaltung der therapeutischen Begegnung verstanden werden. 

1. Krisen und Krankheiten sind menschlich
und gehören zu unserem Leben. Ich nenne sie gerne „besondere Lebenssituationen“ und niemand muss sich schämen, in einer solchen zu sein.

Noch nie habe ich ein Leben kennen gelernt, in dem alles geradlinig und leichtfüssig abläuft. Es scheint so, als seien es gerade jene unliebsamen Situationen, die wertvolle Erkenntnisse und Erfahrungen für uns bereit halten.

Oft stoppen sie uns in unserem schnellen Lauf durch unser Leben. Nur wenn wir uns erlauben, inne zu halten, können sich neue Dinge für uns zeigen. Vorausgesetzt, Sie lassen Veränderungen in Ihrem Leben zu. „Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind“, sagte schon Albert Einstein!

2.  Hilfe zu holen, ist sehr verantwortlich
und kein Zeichen der Schwäche! Im Gegenteil, es zeugt von Stärke! Nur fällt gerade dieses „Hilfe holen“, so vielen Menschen schwer. „Wieso schaffe ich das nicht alleine?“

Müssen Sie gar nicht! Es ist wertvoll, sich seine Situation aus verschiedenen Blickwinkeln anzuschauen. Dafür ist die therapeutische Begegnung da. Sie können in Ruhe nachspüren, sortieren, Hoffnung suchen, Abschied nehmen, neues Verhalten üben.

Wer ein Problem hat, ist deshalb nicht weniger wert. Eine Begegnung auf Augenhöhe zwischen Therapeut und Klient ist wichtig!

3. Wer Verantwortung für sein Leben übernimmt, nimmt sein Leben in die eigenen Hände!

Wir haben immer eine Wahl, „die Dinge laufen zu lassen und mal sehen, was da kommt“, oder anderen die Verantwortung für Dieses oder Jenes in unserem Leben zu überlassen. Oder – das uns inne wohnende Gestaltungspotential neu zu beleben und bewusst einzusetzen.

Viele Menschen, die sich psychotherapeutische Hilfe holen, haben schmerzliches erlebt. Diese Schmerzen in uns wollen gehört werden und so sollten sie zunächst fürsorgliche Behandlung finden. Doch danach kann sich jeder entscheiden, seinen selbstbestimmten Weg zu gehen.

4.  Psychotherapie begleitet zu persönlichem Wachstum und einem bewussten Leben.

Ich glaube, dass das einer unserer wesentlichen Lebensinhalte ist! Wie schnell ist so ein Leben vorbei! Was wollen wir erleben?

Irgendwann stellen sich die meisten Menschen die Frage, welchen Sinn das Ganze macht, oder besser noch, welchen Sinn sie ihrem Leben geben sollen.

Und den, finde ich, hat es verdient! Jedes Leben beginnt mit einem Wunder! Dem Wunder unserer Geburt. So viel wir auch zu wissen glauben über unser Menschsein, so viele Geheimnisse gibt es dazu eben auch.

Psychotherapie sollte die Menschen ermutigen, das Schöne und Wundervolle in sich und ihrem Leben zu entdecken und zu gestalten. Manchmal finden wir das auf ungewöhnliche Art und Weise.

5.  Ein detaillierten Blick hilf!

„Ist das Glas halb leer oder halb voll?“ Diese einfache Wahrnehmungsübung ist nicht wirklich einfach, doch von ganz entscheidender Wirkung!

Probieren Sie es aus und üben es! Wir beeinflussen damit ganz wesentlich unsere Befindlichkeit und den Fortgang unseres Tages.

Ich glaube, das sich unsere persönlich empfundene Lebensqualität letztendlich durch viele, bewusst erlebte, einzelne Momente zusammensetzt, die sich am Ende zu einem Lebensgefühl formen.

Jeden Tag im Detail zu leben, ist also wichtig, um irgendwann einmal sagen zu können – „Das war ein gutes Leben“!

6. Dieses Hinwenden zu den alltäglichen Ereignissen führt uns in die Tiefen des Lebens.

Denn alles was uns umgibt – die Situationen in denen wir leben, die Begegnungen, die wir haben, können wir nutzen, um etwas über unszu erfahren.

Das mutet vielleicht zunächst seltsam an. Und doch finden wir Perlen, wenn wir uns auf diese ungewöhnliche Schau einlassen.

7.  So kann Psychotherapie ein natürlicher Begleiter auf Ihrem Weg sein,
den Sie in Krisen und Erkrankungen nutzen, auf der Suche nach Erleichterung und Genesung und ergänzend zu allen anderen, z.B. medikamentösen Therapien.

Unabhängig davon kann Psychotherapie der persönlichen Weiterentwicklung dienen. Immer dann, wenn Sie in Ihrem Leben innehalten möchten für eine ganz persönliche Pause – fürsorglich, erhellend und gestaltend, für mehr Freude und Tiefe in Ihrem Leben.

Das wünsche ich Ihnen!
Ihre Heike Friedek

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3 Antworten auf „Warum denn Psychotherapie? – Ich bin doch nicht verrückt!“

  1. Martin sagt:

    Meist kommen Ängste auch von einer Vermischung von Psychiatrie und Psychotherapie. Bei ersterem denkt man gleich an Gummizelle, Psychopharmaka und Halluzinationen; Psychotherapie ist dies alles aber nicht, sondern professionelle Beratung für Menschen, die in schwierigen Situationen stecken; oft ist auch nicht unbedingt eine pharmakologische Behandlung vonnöten. Danke, Frau Friedek, dass Sie mit Ihrem Artikel hier für Aufklärung sorgen!

  2. Unbekannt sagt:

    Und es erfordert so viel Vertrauen, Überschreiten von eigenen Grenzen.
    Danke für diesen Artikel, für das Mutmachen in der Therapie, für das Zuhören, das Dasein.

    “Suche nie, das Wesen eine Menschen danach zu beurteilen,
    was in Erscheinung tritt. Halte nie eines seiner Worte
    oder einer seiner Handlungen für ein Zeichen seiner Gesinnung.
    Es könnte sein, daß derjenige, den du nicht verstehst,
    Mühe hat, sich auszudrücken oder verständlich zu machen.”
    Khalil Gibran

  3. Valerie Voell sagt:

    “Du magst denjenigen vergessen, mit dem Du gelacht hast, aber nie denjenigen, mit dem Du geweint hast.” (Gibran)

    Vorgestern tatsächlich 2 Jahre.
    Danke für die Hilfe.
    Valerie Voell

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